- 60 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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erforderlich. Ausgehend von den pragmatischen Bedingungen, denen die Beweisführung unterworfen ist, kommt Lyotard zum Begriff der Axiomatik, den formalen Regeln der Sprache und zum Begriff der Metasprache. Die Metasprache wird verwendet, um eine künstliche Sprache – ein axiomatisiertes formales System – zu beschreiben. Sie bestimmt, ob eine Sprache den formalen Bedingungen einer Axiomatik genügt.19
19
Ebd., S. 124.
Die Metasprache ist hinsichtlich der Negation nicht konsistent, da sie die »natürliche Sprache« oder »Alltagssprache« ist: Die die Metasprache bildende natürliche Sprache lässt die Bildung von logischen Paradoxien zu, wie u. a. das bekannte Beispiel »Dieser Satz ist falsch.« zeigt. Darin liegt die besondere Eigenschaft der Pragmatik, während für Syntax und Semantik Konsistenz erforderlich ist. Da der Wahrheitswert einer denotativen Aussage von dem ihr unterliegenden axiomatischen System abhängt, welches wiederum seine Gültigkeit durch die Metasprache erhält, hängt der Wahrheitswert denotativer Aussagen letztlich von der Kenntnis und Akzeptanz des betreffenden Systems von Axiomen durch die Kommunikationspartner ab. Der Auseinandersetzung der Mitspieler – Sender und Empfänger – wird also der Horizont des Konsenses eröffnet. Infolgedessen ist die Beweisführung im wissenschaftlichen Wissen dem Akzeptieren von Regeln untergeordnet, die die Mittel der Beweisführung festlegen. Daraus folgen nach Lyotard bemerkenswerte Eigenschaften dieses Wissens: die Flexibilität der Mittel des Wissens, d. h. die Vielfältigkeit der Sprachen des Wissens, und der Unterschied zwischen zwei Arten von »Fortschritt« im Wissen, wobei der eine einem neuen Spielzug (einer neuen Argumentation) im Rahmen etablierter Regeln, der andere der Erfindung neuer Regeln und daher einer Veränderung des Spiels entspricht.20
20
Ebd., S. 128.

Dadurch wird das Prinzip einer universellen Metasprache durch das der Pluralität formaler und axiomatischer Systeme ersetzt. Denotative Aussagen werden in einer universellen, aber nicht konsistenten Metasprache beschrieben. Das bietet dem, was im Wissen der modernen Wissenschaft als ein Paradoxon oder sogar als ein Paralogismus galt, die Möglichkeit, eine neue Überzeugungskraft und die Zustimmung der Expertengemeinschaft zu finden.

6.4.  Delegitimation

Postmoderne ist bei Lyotard kein epochaler Begriff. Bei Lyotard bezeichnet die Postmoderne nicht die Zeit nach der Moderne, sondern einen Aspekt der Moderne: die Kritik der Moderne, die durch die Metaerzählungen den Terror der Totalität in der Geschichte hervorgerufen hat. Daher stehen die Moderne und die Postmoderne in einer dialektischen Beziehung.

Anders als der Versuch, den philosophischen Diskurs der Moderne durch die auf dem Konsens beruhende kommunikative Vernunft zu rekonstruieren, kommt Lyotard aus seiner Untersuchung zur Überzeugung, dass es keine allgemeine Metasprache gibt, in die alle anderen übertragen und in der sie bewertet werden können.


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