- 69 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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7.2.  Die Forschungen der Postmoderne in der Historischen Musikwissenschaft

Die Diskussion um »Postmoderne Musik« findet auch in der Historischen Musikwissenschaft statt, die von einer bestimmten Auffassung Moderner Musik ausgeht. Dabei deutet das Präfix »Post-« auf die kritische Bezugnahme zur Moderne hin. Die deutsche Historische Musikwissenschaft, die Moderne Musik als Stilbegriff terminologisiert hat, diskutiert somit die Postmoderne auch als Stilbegriff.27

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In der vorliegenden Arbeit wird vornehmlich die Debatte um die musikalische Postmoderne in der deutschen Musikwissenschaft in Betracht gezogen. In der angloamerikanischen Debatte um die Postmoderne in der Musikforschung wird die Postmoderne nicht bloß als musikalischer Stilbegriff, sondern auch als wissenschaftlicher Paradigmenwechsel innerhalb der Musikforschung diskutiert. In diesem Zusammenhang werden neue Methoden der Musikanalyse und -interpretation – wie z. B. die Methoden aus den gender studies oder cultural studies – angewendet (vgl. Kerman, Joseph, Contemplating Music. Challenges to Musicology, Cambridge: Harvard University Press, 1985; MaClary, Susan, Feminine Endings. Music, Gender, and Sexuality, Minnesota: University of Minnesota Press, 1991; Kramer, Lawrence, »The Musicology of the Future«, in: Repercussion, Spring 1992, 5–18; ders., Classical Music and Postmodern Knowledge, Berkeley / Los Angeles / London: University of California Press, 1995).

Die Moderne als musikgeschichtlicher Stilbegriff wird dem Oberbegriff »Neue Musik« untergeordnet. Hermann Danuser schreibt dem Begriff »Neue Musik« zwei Richtungen der Musik zu: 1. Moderne Musik, die eine werkorientierte, rational organisierte und latent traditionsgestützte Neue Musik umfasst. 2. Avantgarde-Musik, die im Gegensatz zu Moderner Musik eine experimentelle, gegen das Kunstwerk und seine tradierten Institutionen gerichtete, die Kunst in eine veränderte Lebenspraxis überführende Neue Musik bedeutet. Dabei rechnet Danuser zu der Moderne als Stilbegriff die Tradition des avancierten Werkes von Schönberg und Strawinsky bis zur hermetischen Kunst eines Pierre Boulez.28

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Danuser, H., Zur Kritik der musikalischen Postmoderne, in: Neue Zeitschrift für Musik, Dezember 1998, S. 4.

Wenn auch die moderne Ästhetik, bzw. die Einheitsästhetik des Wahren, Schönen und Guten um die Wende vom 19. bis zum 20. Jahrhundert zerfiel, wirkte die den Fortschrittsgedanken voraussetzende Geschichtsphilosophie wie beispielsweise Adornos Diktat der Materialgeschichte noch auf die Tendenz der neuen Musik im 20. Jahrhundert. Dadurch wurde die Infragestellung der Moderne als Stilbegriff in die 1950er und 1960er verschoben.

Die deutsche, historisch orientierte Musikforschung, die sich mit dem Thema »Postmoderne Musik« beschäftigt, geht von einer einheitlichen Definition der Postmoderne aus: eine Absage, eine Negation dessen, was unter dem Begriff Moderne verstanden wird.29

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Hierbei wurde die seit Ende der 1980er Jahre bis Ende der 1990er Jahre durchgeführte Debatte um »Postmoderne Musik« einbezogen. Wichtige Positionen dieser Debatte werden im Folgenden dargelegt.
Mit dieser Position geht es in den Forschungen der deutschen Musikwissenschaft zu Postmoderner Musik hauptsächlich um die seit den 1970er Jahren stattfindende Musikentwicklung, der die »bestimmte Negation« der europäischen Tradition der Kunstmusik sowie der experimentellen Musik in den 1950er und 1960er Jahren zu Grunde liegt.

Die serielle Musik der fünfziger und sechziger Jahre wird nach Elmar Budde als ein völlig neues kompositorisch-ästhetisches Programm aufgefasst, nach dem jede


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