Jürgen von
Bose und Wolfgang von Schweinitz mit einer an der frühen Moderne um 1910
orientierten Musik. Mit schlagwortartigen Formeln wie ›Neue Einfachheit‹,
›Neue Ausdrucksmusik‹ oder ›Neue Subjektivität‹, die eine Opposition gegen die
Geschichtsphilosophie der Neuen Musik bekundeten, löst Ende der siebziger
Jahre der Musikjournalismus den musikologischen Diskurs über ›Postmoderne‹
aus.34
Danuser, H., Neue Musik, in: Finscher, L. (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart,
Sachteil 7, 2. neubearbeitete Aufl. 1997, Sp. 109–110.
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Hermann Danuser versucht den Begriff »Postmoderne Musik« als ästhetischen
Stil zu definieren. Dabei rechnet er die Mehrfachkodierung als die Art und
Weise der Vergangenheitsrekonstruktion, die ein Kennzeichnen für die
postmoderne Architektur darstellt, zu einem Aspekt von Postmodernität
auch in der Musik. Neben dem Pluralismus nennt er einen weiteren Aspekt
der Postmoderne: die Überwindung des Grabens zwischen hoher und niederer
Kunst.35
Es handele sich in der Postmoderne um eine Vermittlung
zwischen ›hoher‹ und populärer Kunst bzw. zwischen Elite- und
Alltagskunst.36
Mit diesen Kriterien definiert Danuser den Begriff »Postmoderne Musik« zweifach: 1.
Eine amerikanische experimentelle Avantgardeaktion von Cage mit offener Polemik
gegen die Institution Kunst und ihr Wert- und Theoriesystem 2. Eine junge
Generation von Komponisten in Deutschland wie Wolfgang Rihm, die in der
Entwicklung der Neuen Musik jene Tabus kühn durchbrachen, die die Entwicklung der
Avantgardemusik im Ausgang von Adornos »Philosophie der neuen Musik« getragen
hatten.37
Den Ausgangspunkt zur Diskussion der musikalischen Postmoderne Carl
Dahlhaus’ stellt der polemische Kunstgriff dar, von einer konventionellen
Moderne oder einer akademischen Avantgarde zu sprechen. Die Postmoderne
entdeckt an der Moderne Zeichen der Erschöpfung und wirft der Kunst der
Moderne – so Dahlhaus – ›elitären Ästhetizismus‹ vor: Eine antibürgerliche
Arroganz, die sich der sozialen Realität, den Mechanismen des Marktes,
verschließt.38
Dahlhaus, C., Postmoderne und U-Musik, in: Österreichische Musikzeitschrift, 40. Jahrgang
1985, S. 157.
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Die Postmoderne scheint Dahlhaus im Gegensatz zu serieller Musik, die zur
musikalischen Umgangssprache Distanz hielt, einer Vermittlung der E-Musik mit
der U-Musik entgegenzukommen. Die Annäherung von U- und E-Musik, das
Aufbrechen bildungsbürgerlicher Grenzen im Rahmen postmoderner Musik ist
jedoch nur scheinbar. Die postmoderne Distanzierung von der Moderne sowie
deren pointiertem Kunstanspruch unterscheidet sich von der Aufsässigkeit der
U-Musik gegen das ›Elitäre‹ dadurch, dass es sich bei der Postmoderne um
eine »bestimmte Negation«, bei der U-Musik dagegen um Beziehungslosigkeit
handelt.39
Dahlhaus’ Ansicht nach hat die U-Musik im Grunde keinen Bezug zur Moderne.
Dagegen bezieht sich die Postmoderne auf die von ihr negierte Moderne: Die polemische
Beziehung [zwischen Moderne und Postmoderne im E-Bereich] bleibt sozusagen eine interne
Auseinandersetzung.40
Dahlhaus findet daher die Postmoderne eher mit der Minimal Music von Terry Riley,
Steve Reich oder Phillip Glass identifizierbar als mit der Popmusik.
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