- 181 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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solides Fundament: der psychologisch fundierte Nachweis über die Existenz von koordinierten Rhythmusmustern in der Gemeinsamkeit von Sprache und Bewegung unterstreicht die Bedeutung dieses Tuns.
Die Kombination von Klanggesten und Stimmeinsatz ist ein Erfolg versprechender Ansatz rhythmisch-metrischer Stabilisierung, da Gestik und Sprache ohnehin koordinierten zeitlichen Mustern folgen.

Doch noch andere psychologische Erkenntnisse legitimieren die Anwendung der Kombination von Sprache und Bewegung. Die sprachbegleitende Gestik der Arme gestaltet sich teilweise rhythmisch-regelmäßig. Hier findet sich innerhalb natürlicher Äußerungen so etwas wie ein Metrum (im Sinne eines Grundschlags) in der Musik.

Sprachbegleitende Gesten zeigen eine Tendenz, die Gestalt eines musikalischen Grundschlags anzunehmen.

Neben der Instrumentalisierung der Kombination von Klanggesten und Sprache in Hinblick auf eine rhythmisch-metrische Stabilisierung erfüllt dieser musikalische Tätigkeitsbereich aber auch wichtige außermusikalische Ziele. Sprachbegleitende Gesten unterstützen einerseits die Sprach-Inhalte (die Verknüpfung von Wort-Symbol und gemeintem Ding bzw. Sachverhalt), andererseits helfen sie den Sprechenden, sich zu konzentrieren, bei der Sache zu bleiben und steigern somit die Selbst-Sicherheit (vgl. Abschnitt 5.2.2). Sowohl die kognitive als auch die emotionale Ebene profitiert also von der Ausführung von kombinierter Sprache und Bewegung. Hier geht es um allgemein-pädagogische Lernziele, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden darf: ein Zuwachs an Wissen oder Erfahrung kann umso besser geschehen, je mehr die Lernenden grundsätzlich gut eingestimmt sind.

Die Arbeit mit rhythmischen Sprach- und Bewegungsmustern fördert Konzentration und Selbst-Bewusstsein als grundlegende Voraussetzungen für jeden Lernprozess.

Körperperkussion ist somit ein musikalischer Arbeitsbereich von immens hohem pädagogischem, aber auch rhythmisch-metrischem Wert. Und noch ein weiterer musikpädagogischer Grundsatz lässt sich aus dem Wissen um die Zusammenhänge sprachbegleitender Gesten ableiten. Dieser betrifft den Entwicklungsverlauf entsprechender Bewegungen von der frühesten Kindheit an. Bewegungsaktionen beginnen mit der Erforschung des eigenen Körpers als Voraussetzung für die Entwicklung eines Ich-Bewusstseins. Kognitive Prozesse sind der Erfahrung von (emotional gefärbten) Sinneseindrücken nachgeordnet. Basis für sowohl interne Repräsentationen der Außenwelt als auch motorische Möglichkeiten in der Handhabung von Objekten (Spielzeugen, Gegenständen, Musikinstrumenten) ist das ›Spiel‹ mit dem eigenen Körper. Eben diese Erfahrungen mit dem ›Selbst‹ vermittelt der Umgang mit Stimme und Körper. Bevor Rhythmen rechnerisch erfasst oder in Notenzeichen umgesetzt werden können, muss die Erfahrungsebene angesprochen werden. Der von dort hergestellte Bezug zu musikalisch-rhythmischen Sachverhalten bildet dann (später) die Basis für den Zugang zur kognitiven Ebene von Rhythmus und Metrum.

Der Umgang mit dem eigenen Körper über Stimme und Klanggesten vermittelt wichtige Erfahrungen von Sinneseindrücken und Gefühlsqualitäten, die eine unverzichtbare Basis für einen späteren kognitiven Zugang zum Thema Rhythmus und Metrum darstellen.


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