- 45 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
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wären Dauern von 0,2 Sekunden möglich. Auch die Effekte der Verdeckung oder Verschmelzung setzen erst bei kleineren Zeitabständen ein.52

52 Handel (1989, S. 316).

Bevorzugt werden nicht nur Gruppierungen, deren Gruppen ähnlich viele Elemente aufweisen, sondern auch solche, deren Gruppen ähnliche zeitliche Abstände haben.53

53 Wundt (1903, S. 94), Handel und Todd (1981), Handel (1989, Kap. 11).

Dies stimmt überein mit der musiktheoretischen Bevorzugung von gleich großen Gruppen, etwa bei Riemann oder in der GTTM.54

3.3.3.  Zeitliche Nähe

Die Gruppierung entsprechend der Nähe von Objekten ist eines der Grundprinzipien der Gestaltpsychologie.55

Auch die Gruppierung akustischer Ereignisse wird wesentlich durch die zeitliche Nähe beeinflußt. Größere Einsatzabstände bewirken bei ansonsten gleichen Parametern eine Gruppengrenze, wie schon Woodrow feststellte.56

56 Woodrow (1909, S. 64), Deutsch (1986, S. 32-38).

Allerdings gilt dies nicht für sehr kurze Noten, da die empfundene Intensität hier mit der Länge zunimmt. Die Intensität wird über eine Zeitspanne von ca. 200 ms integriert, d.h. bei Tönen, die kürzer als 200 ms sind, nimmt die empfundene Lautstärke mit der Länge zu. Darüber setzt ein Sättigungseffekt ein, so daß nur noch die physikalische Lautstärke des Tons wirksam wird.57

57 Vgl. Handel (1989, S. 70), Scharf (1978).

Für die auditive Wahrnehmung ergibt sich eine Asymmetrie der Nähe, da das Ende einer Note im allgemeinen nicht die rhythmische Relevanz hat wie der Beginn. Die Pausen zwischen Noten, in einer monophonen Sequenz also der Abstand zwischen dem Ende einer Note und dem Beginn der nächsten, sind auch ein Aspekt zeitlicher Nähe bzw. zeitlichen Abstands und stehen z.B. in der MIDI-Kodierung zur Verfügung. Allerdings sind die Pausen im allgemeinen nicht so einflußreich für die Gruppierung wie die Einsatzabstände. Dafür sprechen neben Riemanns Einschätzung und der musikalischen Notationspraxis, die die metrische Position der Noten an deren Einsatzzeiten ausrichtet, auch die größere Variabilität der Notenenden durch unterschiedliche Artikulation. Die Untersuchungen von Vos und Ellermann sowie von Bregman unterstützen dies auch empirisch.58

Daher ist es sinnvoll, Pausen und Einsatzabstände getrennt zu betrachten.

Die zeitliche Nähe scheint die Gruppierung stärker als andere Faktoren zu bestimmen, denn in Versuchen mit widersprüchlicher tonaler und rhythmischer Struktur dominiert der Rhythmus.59

Diese Dominanz kann das Verstehen gesprochener Sprache stark erschweren, wenn die Dauern und Abstände eine andere Aufteilung implizieren als die der Bedeutung entsprechende. So können in mehrdeutigen Komposita eingefügte Pausen das Verstehen auch im Kontext stark erschweren: z.B. Staub-ecken statt Stau-becken oder Reit-erfolge statt Reiter-folge. Die Dominanz

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