- 46 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
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der zeitlichen Nähe ist allerdings nicht absolut, auch tonliche Abstände können die Gruppierung dominieren, z.B. bei Streaming-Effekten.60

3.3.4.  Akzente

Ein weiterer Faktor für die Gruppierung von Noten ist die Akzentuierung von Tönen, die Hervorhebung gegenüber den umgebenden Tönen durch Intensität oder Dauer. Diese Hervorhebung kann auch durch andere Parameter, wie etwa die Klangfarbe, erfolgen, was jedoch in dieser Arbeit nicht behandelt wird. Der von Riemann postulierte Beginn einer neuen Gruppe durch einen Intensitätsakzent wurde früh experimentell bestätigt. Es ist seit Woodrow allgemein anerkannt, daß Elemente mit größerer Intensität dazu tendieren, eine Gruppe zu beginnen, während Elemente mit größerem Einsatzabstand eher eine Gruppe beenden.61

61 Woodrow (1909, S. 64), Bregman (1990, S. 390), Deutsch (1986, S. 32-38), Cooper und Meyer (1960, S. 8), vgl. auch S. 21.

Woodrow stellte fest, daß es möglich ist, die Gruppierungstendenz, die bei Hörern durch einen Akzent entsteht, durch eine Verlängerung des Einsatzabstandes auszugleichen, wobei für sehr kurze Noten die schon erwähnte Integration der Lautstärke durch die Verlängerung zu berücksichtigen ist.

Welche weiteren Arten von Akzenten, etwa durch Klangfarbe oder Klangverlauf, in welcher Weise wirksam werden und welchen Einfluß metrische Elemente haben, ist nicht abschließend geklärt. Zum Verhältnis von Akzenten zu Gruppierung und Metrum sind verschiedene, teilweise widersprüchliche Meinungen vertreten worden. So ordnete Riemann der Agogik den Rhythmus und der Dynamik das Metrum zu, während Cooper und Meyer meinten, daß eine Lautstärkebetonung keinen metrischen Akzent bewirken könne.62

Da Metrik in dieser Arbeit nicht explizit modelliert wird, soll diese Problematik aber hier nicht vertieft werden.

3.3.5.  Schemabasierte Effekte

Der Kontext beeinflußt die Gruppierung von Noten durch die beschriebenen Effekte der zeitlichen Nähe, Gruppenlänge und -dauer etc. Diese Mechanismen nennt Bregman primitiv,63

63 Bregman (1990, S. 662).

was insbesondere darauf hinweist, daß sie unabhängig von Aufmerksamkeit und Erfahrung sind. Sie sind wahrscheinlich angeboren, da man sie auch bei Kindern beobachten kann. Neben den primitiven Gruppierungsmechanismen gibt es auch erlernte Schemata der Wahrnehmung, die einen Einfluß auf die Gruppierung haben. Die Unterscheidung entspricht der von Carolyn Drake, die zwischen Prozessen der Gruppierung und Metrik auf zwei Ebenen unterscheidet: den Basisprozessen, die vermutlich angeboren sind, und den hierarchischen Prozessen, die vermutlich erlernt sind.64 Die erlernten Prozesse sind nach Bregman abhängig von der Aufmerksamkeit des Hörers.65

65 Bregman (1990, S. 667).

Ob man hier so klar trennen kann, ist allerdings

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