Kategorien eine sinnvolle Organisation von Inhalten der Wahrnehmung dar. In der
Sprachverarbeitung kennt man mit Worten und Buchstaben einige Kategorien, die sich
relativ leicht beschreiben und abgrenzen lassen. In der Musik und insbesondere der
Rhythmik ist dagegen weniger klar, was Kategorien ausmacht und wie sie beschaffen
sind.
Um Kategorien besser zu verstehen, ist von Interesse, wie Kategorien entstehen und
welchen Grad an Universalität sie haben. Die Bildung von Kategorien ist in der Musik
auf mehreren Ebenen möglich. Neben den verschiedenen Dimensionen der Harmonik und
Melodik sind bei der Rhythmik Metrum und Grundschlag sowie die Gruppierung und
Gestaltaspekte von Bedeutung. Bregman nimmt die primitiven Mechanismen als universell
an und unterscheidet davon schemabasierte Effekte, zu denen auch die Kategorisierung
gehört.78
Kategorisierung baut auf erlernten Schemata auf und ist bewußt steuerbar,
dementsprechend ist hier ein geringerer Grad an Allgemeingültigkeit zu erwarten.
In Experimenten von Dowling hat sich gezeigt, daß Hörer Melodien nicht
erkennen können, wenn zwei Melodien gleichzeitig in demselben Register gespielt
werden.79
Sind dagegen die Tonhöhenbereiche getrennt, können sie die Hörer die Melodien
erkennen. Hier ist der primitive Mechanismus des Streamings durch Tonhöhe dominant
gegenüber dem Erkennen der bekannten Melodie als erlerntem Schema. Wird
Versuchspersonen der Name der zu erkennenden Melodie genannt, können sie allerdings
nach mehrmaligem Hören die Melodie erkennen. Die primitiven Mechanismen
verhindern offenbar nicht die Anwendung erlernter Mechanismen, erschweren
sie aber deutlich. Die Anwendung erlernter Schemata erfordert eine bewußte
Willensanstrengung, während die primitiven Mechanismen davon unabhängig
wirken.
3.4.1. Puls und Metrum als Kategorien
Puls und Metrum bilden zeitliche Kategorien, nach denen Noten eingeteilt
werden können. Ein etabliertes Raster von Puls und Metrum ermöglicht eine
Orientierung, auch wenn anderweitige Regelmäßigkeiten fehlen. Umgekehrt
wird durch die Eigenschaften einer Sequenz die Wahrnehmung eines Metrums
erzeugt, das selbst in verschiedene Kategorien fallen kann, etwa Zweier- oder
Dreier-Metrum. Die Modellierung der metrischen Kategorisierung erweist sich daher
als schwierig, da das Kategorienraster selbst durch die zu kategorisierenden
Ereignisse beeinflußt wird. Die metrische Interpretation des Hörers bildet
beim Aufbau eines Metrums eine Kategorisierung der Einsatzabstände, bei
einem bestehenden Metrum stellt sie, wenn der Offset bereits festliegt, eine
Kategorisierung der Einsatzzeiten dar. Clarke beschreibt die Kategorisierung von
Rhythmen auf drei Ebenen: Metrum, Schlagaufteilung (rhythmisches Muster),
und expressive Transformationen (Abweichungen von den Schlägen). Dabei
sind die Kategorisierungen auf den verschiedenen Ebenen nicht unabhängig
voneinander.80