- 51 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (50)Nächste Seite (52) Letzte Seite (247)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

metrisch interpretieren, bilden aber Kategorien. Rhythmische Muster können also eigene Kategorien bilden, die nicht metrisch sind. Insbesondere zeigt die Untersuchung von Schulze, daß die erlernten rhythmischen Muster auch in verschiedenen Tempi erkannt werden, d.h. es werden die rhythmischen Verhältnisse und nicht die zeitlichen Distanzen gelernt. Allerdings verwendet Schulze nur drei verschiedene Tempi in einem relativ engen Bereich (1080, 1200 und 1320 ms Abstand zwischen dem ersten und dem letzten von fünf Tönen). Der Bereich der möglichen Tempoänderungen, unter denen ein rhythmisches Muster wiedererkannt wird, ist natürlich durch die bereits beschriebenen Grenzen der Wahrnehmung von Zeitintervallen begrenzt. Inwieweit die Erkennung sich innerhalb dieses Bereichs ändert, wurde bisher nicht untersucht.

Ein System der Kategorisierung rhythmischer Muster ist durch die griechischen Versfüße gegeben. Vos hat in einer Studie die Klassifikation wiederholter Muster als Versfüße untersucht und kam dabei zu dem Ergebnis, daß die Einsatzabstände eine Gruppierung bewirken und die Länge der Töne eine Akzentuierung.87

Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Töne relativ kurz waren und daher die Lautstärkeempfindung durch die Länge beeinflußt wurde.88

Bisher wurde nicht umfassend empirisch überprüft, ob und wie die Versfüße als Kategorien in der Wahrnehmung und Kognition von Musik wirksam sind. Dies hat möglicherweise seine Ursache darin, daß eine klare musikalische Theorie der Versfüße, die empirisch überprüfbar wäre, bisher nicht entwickelt wurde. Das letzte umfassende Werk hierzu stammt von Cooper and Meyer89

und ist als Theorie zu ungenau und unvollständig, um unmittelbar getestet oder implementiert zu werden. Das häufige Auftauchen von Motiven mit vier Noten im musikalischen Kontext spricht eher dagegen, daß Versfüße geeignete Prototypen darstellen, da die herkömmlichen Versfüße nur 2 oder 3 Noten enthalten.90 Die sowohl von Hauptmann als auch von Cooper und Meyer verwendete Aufteilung von Vierergruppen in kleinere Einheiten erscheint wenig plausibel, weil die rhythmischen Gruppen gerade als Ganzes wahrgenommen werden.

3.5.  Zusammenhang von Wahrnehmung und Produktion

In interaktiven Anwendungen, insbesondere in Musiklernprogrammen, soll der Benutzer Rhythmen spielen, die vom System geeignet ausgewertet werden müssen. Hier spielen nicht nur die Eigenschaften der Wahrnehmung, sondern auch die der Produktion von Rhythmen eine Rolle, und es stellt sich die Frage, ob man hier andere Maßstäbe anwenden muß als bei Rhythmen, die nur gehört werden. In modernen musikpsychologischen Ansätzen werden Produktion und Wahrnehmung von Rhythmen als Regelkreise betrachtet. Ein innerer Regelkreis ergibt sich dadurch,


Erste Seite (i) Vorherige Seite (50)Nächste Seite (52) Letzte Seite (247)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 51 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen