- 69 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
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4.4.  Modelle der Kognition von Rhythmen

4.4.1.  Cooper und Meyers Rhythmic Structure of Music

Cooper und Meyer waren die ersten, die die Rhythmik aus kognitiver Sicht behandelten, indem sie versuchten, aufbauend auf der Wahrnehmung ein Modell rhythmischer Strukturen zu entwickeln.47

Zwar haben Riemann und teilweise auch Wiehmayer sich auf empirisch oder durch Introspektion ermittelte Eigenschaften der Wahrnehmung bezogen, Cooper und Meyer sind aber weniger normativ und beziehen sich durchgängig auf den Hörer.

Cooper und Meyer haben die griechischen Versfüße übernommen, um Rhythmen zu klassifizieren. Dabei schränken sie die Auswahl ein, indem sie nur zwei- und dreigliedrige Versfüße mit genau einem betonten Glied zulassen. Die wesentliche Erweiterung gegenüber der klassischen poetischen Metrik ist, daß ein Versfuß selbst wieder Glied in einem übergeordneten Versfuß sein kann und auf diese Weise beliebig tiefe Schachtelungen erlaubt sind. Eine Analyse nach Cooper und Meyer besteht darin, ein Stück Musik in Motive aus zwei oder drei Noten einzuteilen, von denen jeweils eine Note betont ist. Diese Motive werden dann wiederum zu Phrasen mit zwei oder drei Motiven zusammengefaßt, von denen wieder eine betont ist, wie das Beispiel in Abbildung 4.2 zeigt.



Abbildung 4.2: Beispiel rhythmischer Analyse nach Cooper und Meyer (1960, S. 140), (Haydn: Londoner Sinfonie)


Die Verwendung von Versfüßen auf allen hierarchischen Ebenen ähnelt Hauptmanns Ansatz, erweitert ihn aber auf größere Einheiten. Cooper und Meyer heben hervor: »this procedure has the advantage of employing a single method for analyzing group formation on all architectonic levels«48

. Dies ermöglicht zwar eine elegante Formulierung der Theorie, ist aber fragwürdig, was die Angemessenheit als Modell musikalischer Prozesse angeht. Zum einen bleibt unklar, was eine Betonung auf einem Motiv oder einer Gruppe von Motiven bedeutet, wie sie festzustellen und klanglich umzusetzen ist. Zum anderen führen Cooper und Meyer die Organisation von Musik, zumindest von Rhythmen, auf die Wahrnehmung zurück,49 und hier hat sich gezeigt, daß auf den verschiedenen zeitlichen Ebenen nicht die gleichen Mechanismen wirksam sind, da die absoluten Werte der zeitlichen Ausdehnung eine wichtige Rolle spielen.50


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