- 81 -Wollermann, Tobias: Zur Musik in der "Drei Farben"-Trilogie von Krzysztof Kieslowski 
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um eine Tragikomödie86
86 »Tragikomödie: dramatische Gattung in der tragische und komische Elemente sich wechselseitig durchdringen, bzw. so zusammenwirken, daß die Tragik durch humoristische Brechung gemildert wird oder die tragische gebrochene Komik die tragischen Aspekte vertieft . . . « (Schweikle1990, S. 469)
handelt. Der Frage, inwieweit sich diese Vermutung durch die dramaturgische Verwendung der Musik untermauern bzw. verifizieren lässt, soll im folgenden Kapitel nachgegangen werden.

4.2.3 Zur Musik im Film Drei Farben: Weiss

Betrachtet man die Musik zum Film Weiss, die hier nicht wie in Blau als direkter Handlungsträger fungiert, so fällt auf, dass diese trotzdem ähnlich konzipiert ist wie die Musik zu Blau und im Wesentlichen auf zwei unterschiedlichen Themen basiert. Von den insgesamt ca. 21 Minuten des Films, die mit Musik unterlegt sind, entfallen ca. 11 Minuten auf das erste Thema, eine leise melancholische Melodie, und ca. 9 Minuten auf das zweite Thema, einen folkloristischen Tango. Daneben kommt noch an zwei Stellen im Film sogenannte Musik im »on« vor: Karol bläst auf einem Kamm. Inwiefern die oben erwähnten Themen mit den beiden Hauptpersonen und der Dramaturgie in Verbindung stehen, soll in den folgenden Abschnitten untersucht werden.

4.2.3.1 Melancholische Melodie versus Tango

Im Gegensatz zu Blau ist dieser Film schon im ersten Segment mit Musik, bzw. mit einzelnen Tönen unterlegt. Hierbei handelt es sich um die Einstellungen, in denen der Koffer auf dem Fließband zu sehen ist. Dazu erklingen vereinzelt sehr kurze Phrasen einer Melodie, die vollständig zum ersten Mal im zweiten Segment zu hören ist, und im weiteren Verlauf der Arbeit mit »Thema A« bezeichnet wird. Als Karol Szenen der Hochzeit durch den Kopf gehen, erklingt die in Abbildung 4.12 dargestellte von einer Klarinette gespielte Melodie.87

87 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Melodien bzw. Themen von dem Soundtrack transkribiert wurden. Manche Stück erklingen dort, wie auch auf dem Soundtrack zu Blau, einen Halbton oder Ganzton tiefer bzw. höher. Der Soundtrack zu Weiss stimmt weitaus besser mit der tatsächlich im Film verwendeten Musik überein als der Soundtrack zu Blau. Bis auf die Nr. 16 und 19 werden alle Tracks tatsächlich im Film verwendet. Interessanterweise handelt es sich bei diesen beiden Takes um ein Stück, das schon im Soundtrack zu Blau als Track 11 (Second Flute) auftaucht, im Film selber aber auch nicht verwendet wird.


PIC

Abbildung 4.12: Melancholische Melodie (Thema A) in Segment 2


Diese Melodie basiert auf einer für slawische Musik charakteristischen Zigeuner-Molltonleiter88

88 Vgl. (Gurlitt und Eggebrecht1996, S. 1079)
in d, bzw. ab Takt 13 in f. Auffällig ist zunächst der dissonante Sprung (große Septime) vom Fermatenton der Oboe (gis”’) zum Einsatz der Klarinette (a’). Durch die weiteren kleinen Sekunden, die übermäßige Sekunde (Takt 16), die lang ausgehaltenen Töne und das langsame Tempo klingt diese Melodie sehr melancholisch. Die einzelnen Phrasen wirken, nicht zuletzt durch ihr offenes Ende und durch die Verwendung einer Solo-Klarinette, wie einsam suchende Fragen, auf die keine Antwort zu finden ist: »Aber wo, wo ist denn da die Gleichheit?«, fragt

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