- 10 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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jenen Mindestabstand zu erreichen, in dem sie die Kommunikation aufnehmen können. (ebd., S. 76).

Moderne Verkehrsmittel ermöglichen dem menschlichen Körper Geschwindigkeit wahrzunehmen, ohne selbst Bewegung ausführen zu müssen. Lediglich die Augenmuskeln sind beim so genannten panoramatischen Sehen der am Fenster von Auto, Zug oder Flugzeug vorbeiziehenden Landschaften aktiv. Auch Dohrn-van Rossum spricht in Zusammenhang mit der parallelen Entwicklung von Transportwesen und Präzisionsmesstechnik von einem »Erfahrungswandel« (Dohrn-van Rossum 1992, S. 318).

Die moderne Gesellschaft erfährt Bewegung im Raum zu großen Teilen nur mehr virtuell, nicht mehr sinnenhaft-konkret.

2.3.  Zeit und Rhythmus

Wiederholung als Ursprung von Zeit und Rhythmus

Zeit wird für den Menschen an Wiederkehr, aber auch Veränderung wahrnehmbar. Wie Kapitel 6 noch ausführlicher darstellen wird, kann Zeit nur wahrgenommen werden, weil sie durch Ereignisse strukturiert und dadurch fassbar wird. Strukturierung von Zeit ist nun die Schnittstelle zum Phänomen des Rhythmus (vgl. auch die Abschnitte 2.2, 4.4.3 und 6.2). Die Soziologin Barbara Adam formuliert:

Im Unterschied finden wir den Ursprung der Zeit. Wäre alles gleich in der Wiederholung, so gäbe es keine Zeit. Die Zeit wäre gefangen im ewigen Kreis desselben – die Welt stünde still. Wir können deshalb sagen, daß unsere zeitliche Existenz in rhythmischen, unumkehrbaren Wiederholungen gründet. (Adam 1995, S. 21, Hervorhebung im Original).

Wenn für das menschliche Wesen bisher mehr als 150 biologische Rhythmen bekannt sind, die an den Tag- und Nachtwechsel gekoppelt sind (ebd., S. 14, vgl. auch Kapitel 4), macht dieses deutlich, dass der Mensch von Natur aus rhythmisch geprägt ist. Zugleich ist die menschliche Existenz »rhythmisch eingegliedert in die Vorgänge des Universums, unserer Erde und unserer Gesellschaft« (ebd. S. 20). Diese rhythmischen Vorgänge, von der Autorin in Abgrenzung von »Uhrenzeit« als »Urzeiten« benannt, bezeichnet sie als »zutiefst schöpferisch und erneuernd« (ebd., S. 27).

Flexibilität als Bedingung von Zeit und Rhythmus

Adams Artikel, dem die oben zitierten Gedanken entstammen, ist nur einer von vielen in einer Sammlung, die sich der Problematik von Zeitgestaltung in der aktuellen Umwelt aus verschiedenen Fachrichtungen nähern. Ansätze aus der Biologie, Chemie, Soziologie, Philosophie, Geschichte, Medizin und Meteorologie werden von den Herausgebern zusammengetragen und münden in eine ›Chronowissenschaft‹. Allen gemeinsam ist die Auffassung von Rhythmus als der Wiederkehr von Ähnlichem, nicht Gleichem (vgl. Klages 1995), der Begriff Takt meint dagegen die exakte


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