- 162 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (161)Nächste Seite (163) Letzte Seite (264)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

musikalischen Parameter miteinander. Rhythmus und Tonhöhe stützen auf den Grundschlag bezogene Prozesse. Immer zu berücksichtigen ist das menschliche Bedürfnis nach Struktur, nach Gestalt. Sinnvolle Arbeit an der Zeit in der Musik besteht deshalb nicht (nur) in isolierten Lernschritten, sondern im Umgang mit ganzheitlichen, ästhetisch ansprechenden musikalischen Inhalten.
Die Fähigkeit, ein Metrum (im Sinne von Gleichabständigkeit) einzuhalten, wird unterstützt durch rhythmisch-melodische Strukturierung.
Die musikalischen Parameter sind so eng verwoben, dass es sinn-voll ist, Lernenden (auch) komplexere Inhalte anzubieten, um an der Stabilität des Grundschlages zu arbeiten.

In den vergangenen Kapiteln konnte vielfach gezeigt werden, dass Gleichabständigkeit, Strukturierung (durch Akzentuierung), Wiederholung identischer Einheiten oder auch Proportionalität elementarer Bestandteil der menschlichen Existenz sind. Im Folgenden sollen die musik-relevanten Bezüge von Zeitgestaltung auf der physiologischen, psychologischen, neurologischen und sprachlichen Ebene zusammengefasst und in Beziehung zu musikpädagogischen Konzepten (schon existierend oder neu zu entwerfen) gesetzt werden.

8.2.  Die Bedeutung der körperlichen Dimension von Rhythmus für musikpädagogische Prozesse

8.2.1.  Körperrhythmen

Kapitel 4 hatte ausführlich dargestellt, dass die menschliche biologische Existenz durchdrungen ist von einer Vielzahl rhythmischer Prozesse. Ein Teil dieser Vorgänge (wie etwa Stoffwechsel oder Veränderungen der Körpertemperatur im Tagesverlauf) geschieht unbemerkt, andere Körperrhythmen wiederum sind spürbar (Herzschlag und Atem). Ein weiterer rhythmisch geprägter Bereich betrifft die steuerbaren Körperbewegungen wie Schritt- oder Sprechrhythmus (vgl. Abschnitt 5.2.1). Hervorzuheben ist, dass in der kindlichen Entwicklung die passiven Erfahrungen von strukturierter Zeit dem aktiven Umgang damit vorausgehen. Schon im Mutterleib spürt das Ungeborene rhythmischen Druck, nimmt zunächst über den Gleichgewichtssinn und später über das Hören Rhythmen wahr. Und auch wenn der Säugling etwas später rhythmisch strampelt, saugt oder lautiert (vgl. die Abschnitte 4.4.2 und 5.1.3) sind dies zunächst keine willkürlichen, sonder reflexhafte Bewegungsäußerungen. Die Aufnahmebereitschaft für rhythmisches Geschehen ist dagegen von Anfang an vorhanden. Folgende Grundsätze für die musikalisch-rhythmische Arbeit ergeben sich aus diesen Sachverhalten:

Die Empfindung von Rhythmus geht der Produktion von Rhythmus voraus.
Empfindungen über den Gleichgewichtssinn gehen dem Hören voraus; auch Ein-Druck über die Haut spielt eine bedeutsame Rolle.
Die erste Rhythmusproduktion ist nicht willkürlich gesteuert sondern geschieht reflexhaft.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (161)Nächste Seite (163) Letzte Seite (264)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 162 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus