- 205 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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Moritz benennt »Körper-Percussion- und Sprechübungen« (ebd.) als idealen Weg zu einer Verbesserung der rhythmischen Fertigkeiten. Methodische Wege dahin sind Imitation, Improvisation und Komposition. Dabei setzt Moritz auch auf Gruppen-Effekte:

Rhythmus ist sozial und kommunikativ. Rhythmus ist Gruppengeschehen, er bringt Menschen zusammen, setzt voraus und bewirkt Verantwortung und Vertrauen. Rhythmus erfordert und übt die Wahrnehmung und Respektierung der Mitmusiker. Das wichtigste ist der ›Groove‹ der Gruppe, also das rhythmische und klangliche Gesamtgeschehen. (Moritz 2003, S. 2).

Rhythmische Aktivitäten in Gruppen sind in der Tat von hohem Wert: innerhalb eines Gruppengeschehens sind Leistungssteigerungen für die Einzelnen möglich, auch die emotionale Tiefe des Erlebens nimmt in Gruppensituationen zu. Die Praxiserfahrung, dass die Arbeit am musikalischen Rhythmus besonders gut in der Gruppe gelingt ist auch empirisch abgesichert (vgl. Abschnitt 8.2.3).

Die Ambiguität rhythmischen Tuns zwischen Kognition und Intuition fasst Moritz zusammen in der Aussage »Rhythmus ist spirituell und rational« (ebd.). Die Gewichtung der Aspekte deckt sich mit den in Abschnitt 8.5.1 genannten Grundsätzen, nach denen Intuition, Anschaulichkeit und Emotionalität die Basis für kognitive Prozesse darstellen. Moritz formuliert:

Musik- und damit auch Rhythmuslernen sollte nicht an Noten gebunden sein, sondern zuerst und als wichtigstes als körperliches, psycho-akustisches Erleben wirken, welches im Nachhinein analysiert werden kann. (ebd., S. 3).

Wenn Moritz die Behauptung aufstellt »Rhythmus macht intelligent« (ebd., S. 2) ist allerdings Vorsicht angebracht. Zu leichtfertig werden dem Musizieren mittlerweile Transfer-Effekte zugeschrieben. Dennoch hat Moritz Recht, wenn er behauptet:

Unabhängigkeitsübungen (Füße und Hände, eine Hand mit der anderen), Sprechen über Bewegungsrhythmen, Trommeln mit zwei gleichberechtigten Händen sind eine Herausforderung für unser Hirn und sorgen für vielfältige neuronale Verknüpfungen. (ebd.).

Faktisch liegen Nachweise dafür vor, dass das Gehirn von musikalischen Rhythmen zu weit verzweigter, hemisphären-übergreifender Aktivität angeregt wird (vgl. Abschnitt 8.6.2).

Edwin Gordon: ›Learning Sequences‹

Ein Teil der musikalischen Lerntheorie des amerikanischen Musikpsychologen Edwin Gordon setzt sich mit der Bewältigung von Rhythmen auseinander. Dabei stellt Gordon Bewegung als wichtiges Lernmittel dar: Ohne Bewegungserfahrung ist keine innere Vorstellung (›audiation‹) von musikalischem Rhythmus möglich:

To be able to audiate rhythm, a student must be able to move rhythmically, because when she engages in rhythm audiation, unconscious covert, if not overt, rhythmic movement is taking place. (Gordon 1993, S. 39).

Eine Basisvoraussetzung für das Rhythmusempfinden ist dabei die Fähigkeit, kontinuierlich fließende Bewegungen auszuführen, gerade auch im langsamen Tempo.


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