14.1.2. Etüde Nr. 12Im Gegensatz zu der anderen Etüde wird hier von Rubato an den meisten wichtigen Stellen eine Verformung des Notentextes vorgenommen, die oft Auswirkungen auf den agogischen Verlauf hat. Die riesigen Spannungsbögen von T. 31–44, die beiden Takte vor der Rückkehr des Themas, die Vorbereitung der Dominante in T. 65–66 sowie die Schlusstakte können als besonders gelungen betrachtet werden. In der synthetisierten Performance liegt das Grundtempo etwa bei = 76 (wie bei Lugansky und Pollini); allerdings wird es im mittleren Teil stark angezogen, und übertrifft dort sogar das schon virtuose = 80 von Sokolov. Dieses Merkmal ist auch bei drei der Pianisten festgestellt worden, allerdings in einer milderen Form. Auch die Schlusstakte besitzen gewisse Ähnlichkeiten mit den herkömmlichen Einspielungen: Erstens werden sie bedeutend schneller gespielt (wo Fialkowska und Sokolov beschleunigen), und zweitens wird der letzte Akkord wie bei Lugansky, Pollini und Sokolov stark verzögert. Vom Standpunkt der globalen Dynamik aus gesehen ist die Performance von Rubato – wie für die Etüde Nr. 11 – ziemlich gleichmäßig. Wie Abbildung 14.2 verdeutlicht, wird von Chopins Angaben nur an zwei Stellen eindeutig abgewichen. Wie schon für Luganskys Interpretation vermerkt, werden die T. 53–54 ganz ohne decrescendo gespielt. Des Weiteren wird zwischen dem mittleren Teil und der Wiederholung in T. 71 eine deutliche dynamische Fraktur hörbar, die jedoch in den analysierten Aufnahmen kein Vorbild findet. Im Vergleich zur globalen Dynamik sind schließlich die lokalen Dynamikveränderungen viel gegenwärtiger: Besonders die akzentuierten Noten in der rechten Hand sind stets deutlich hörbar und abwechslungsreich betont, was der Performance eine große Lebhaftigkeit verleiht.
14.2. Externe BewertungUm ein Urteil über die Qualität der beiden synthetisierten Performances zu bekommen, das so objektiv wie möglich ist, wurden sie in einer externen Umfrage1
Allgemein betrachtet sind die Resultate der Umfrage für beide Etüden sehr ähnlich ausgefallen. Der Notendurchschnitt für die drei Hauptkriterien ist fast gleich |